- kollektives Verhalten
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mehr oder weniger gleichförmiges Verhalten von Menschen in größeren Gruppen oder Menschenansammlungen. Die Gleichförmigkeit kann sich auf äußere Reaktionen beschränken, aber auch durch verbindende Ziele und Interessen bestimmt oder durch den Situationsdruck bestimmter Ereignisse (z. B. Naturkatastrophen, gesellschaftliche Notlagen oder Krisen) hervorgerufen sein. Standen bei dem älteren Begriff »Massenverhalten« (Masse) v. a. die irrationalen, den Einzelnen seiner Selbststeuerungsmöglichkeiten enthebenden Effekte im Vordergrund, so hebt der Begriff kollektives Verhalten, der in der Sozialpsychologie und Gruppensoziologie der USA in den 50er-Jahren seinen Aufschwung nahm, eher auf Motivationen und Verhaltensmuster von Menschen in großen Gruppen und die Mechanismen und Strukturen der beobachteten Prozesse ab. Insoweit kollektives Verhalten das mehr oder weniger deutliches Bewusstsein einer überindividuellen Orientierung voraussetzt, unterscheidet es sich von völlig unstrukturierten Situationen; ihm fehlt aber die auf Dauer angelegte und intern differenzierte Ordnung einer sozialen Organisation.N. J. Smelser: Theorie des k. V. (a. d. Amerikan., 1972);Theorien kollektiven Verhaltens, hg. v. W. R. Heinz u. a., 2 Bde. (1973);W. Sofsky: Die Ordnung sozialer Situationen. Theoret. Studien über die Methoden u. Strukturen sozialer Erfahrung u. Interaktion (1983);M. Olson: Die Logik kollektiven Handelns. Kollektivgüter u. die Theorie der Gruppen (31992).
Universal-Lexikon. 2012.